Zurück in die Zukunft einer Offensiven Jugendhilfe!? – Jahrestagung 2017

Haus Neuland – Bielefeld – 25.-27.Mai 2017

 

Kinder- und Jugendhilfe kann einerseits auf eine beispiellose Erfolgsgeschichte des Wachstums, der Differenzierung und Qualifizierung sozialpädagogischer Angebote in den letzten 25 Jahren blicken. Gleichzeitig scheint sie ihre Funktion der Gewährleistung von guten Bedingungen des Aufwachsens und der Bereitstellung ausreichender und qualifizierter Unterstützungsangebote für junge Menschen und deren Familien immer weniger zu erfüllen.

„Jugendhilfe wirkt getrieben zwischen ökonomischen Zwängen und politischen Zuschreibungen. Sie wird, unbedacht, zum Spielball unterschiedlicher, sich nicht selten widerstreitender Strategien in Bund, Ländern und Kommunen. Wer mit welchen Interessen die Jugendhilfe auf der Folie „tagesaktueller“ Konjunkturthemen steuert, bleibt diffus und intransparent.“ so die Autor_innen der Arbeitsgruppe „Jugendhilfe 2030“ (im Erscheinen). So können auch die Entwürfe für die gegenwärtig diskutierte Novellierung des SGB VIII kritisch gelesen werden – als eine Abschaffung zeitgemäßer Sozialpädagogik.

Von der Erfüllung des Grundanspruchs des SGB VIII, § 1: „Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“, scheint die Jugendhilfe weiter entfernt zu sein als 1990.

Trotz eines Ausbaus der Strukturen, Angebote und Einrichtungen mit derzeit ca. 700.000 Mitarbeiter_innen werden die Lebensinteressen der Heranwachsenden eher unzureichend berücksichtigt; vielmehr erhalten repressive Handlungsansätze neue Resonanz. Es scheint, als ob nicht die vorliegenden sozialwissenschaftlichen Erkenntnisse handlungsleitend sind, sondern Strategien der Anpassung, die auf die Kontrolle der Familien und eine Minimierung des Aufwandes für soziale Leistungen zielen.

Mit ihrer Jahrestagung 2017 will die Gilde Soziale Arbeit die Frage in den Mittelpunkt stellen, wie die Zukunft einer Offensiven Jugendhilfe aussehen kann. Offensive Jugendhilfe wird dabei verstanden als ein an den Lebensinteressen der Kinder, Jugendlichen und Familien konsequent ausgerichtetes gesellschaftliches Unterstützungssystem, das ausreichende Angebote für alle macht und damit dem Anspruch der Wahrnehmung öffentlicher Verantwortung für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen genügt.  Besonders diejenigen jungen Menschen sind auf Jugendhilfe angewiesen, die auf Grund mangelnder ökonomischer und sozialer Ressourcen sonst weder ihre individuellen Lebensmöglichkeiten entwickeln können noch zur aktiven Beteiligung am gesellschaftlichen Geschehen ermutigt werden.

Im Rahmen der Tagung wird bewusst auf den Diskurs um die Zukunft der Jugendhilfe im demokratischen Aufbruch der 1970er Jahre Bezug genommen. Dieser findet sich u.a. in dem Bericht „Mehr Chancen für die Jugend – zu Inhalt und Begriff einer offensiven Jugendhilfe“ wieder, welcher 1974 vom BMJFG herausgegeben wurde. Darin finden sich Leitlinien für eine moderne Jugendhilfe, entwickelt von einer Arbeitsgruppe des Bundesjugendkuratoriums.

Vier Schwerpunkte strukturieren das Programm der Jahrestagung:

  • Der Kampf um die Deutungshoheit in Jugendhilfe und Gesellschaft
  • Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen – Offensive Jugendhilfe als Deutungsrahmen für die Entwicklung des Jugendhilfesystems
  • Flüchten oder Standhalten
  • Strategien einer Offensiven Jugendhilfe